Demokraten brauchen Rückgrat – Redebeitrag von Carsten Biesok auf der Demonstration am 17. Februar 2020
Dieser Redebeitrag wurde am 17.2.2020 im Rahmen der Demonstration „Demokratie braucht Rückgrat“ auf dem Dresdner Altmarkt gehalten.
Von Carsten Biesok (Kreisverband Dresden)
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
für den FDP-Kreisverband Dresden begrüße ich Sie. Ich bin dankbar, dass heute so viele gekommen sind, um für unsere Demokratie und eine offene Gesellschaft zu demonstrieren. Wir demonstrieren heute für Werte, die wir als selbstverständliche Elemente unserer Gesellschaft ansehen. Für die Unantastbarkeit der Würde des Menschen, unabhängig von seiner Hautfarbe, seiner Religion oder seiner Herkunft. Wir demonstrieren heute für die Demokratie und für die Unveräußerlichkeit der Grundrechte des Grundgesetzes.
Unsere offene Gesellschaft hat Feinde bekommen. Sie stehen heute auf den Altmarkt und feiern die Feindschaft zur Demokratie zum 200. Mal. Es ist gut und wichtig, dem ein Bekenntnis zu unseren freien Bürgergesellschaft entgegen zu setzen. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben uns eine freiheitliche Verfassung gegeben und damit dem Menschen vertraut, mit der Freiheit umzugehen. Die Freiheit geht so weit, dass wir heute zum 200 Mal Pegida ertragen und von der Polizei schützen lassen müssen.
Aber, meine Damen und Herren, wir haben eine Verantwortung für die Freiheit. Wir müssen daran erinnern, dass es nicht selbstverständlich ist, heute hier unter dem freien Himmel zu sprechen. Daran haben wir im Feuilleton der Zeitung oder auf Veranstaltungen unserer politischen Stiftungen erinnert, aber vielleicht zu selten auf der Straße.
Wir nehmen die europäischen Grundfreiheiten wie selbstverständlich wahr. Es aber ist nicht selbstverständlich, dass wir 75 Jahre in Frieden zusammenleben. Das verkennen denjenigen, die sich gegen die Europäische Einigung wenden und zurück zum Nationalstaat wollen.
Demokraten brauchen Rückgrat, um gegen sich gegen die Feinde der Demokratie zu stellen. Hass, Fremdenfeindlichkeit und Hetze gegen Andersdenkende können nicht die inhaltliche Grundlage eine Zusammenarbeit, egal auf welcher politischen Ebene, sein.
Die politische Willensbildung findet nicht ausschließlich bei Anne Will, Sandra Maischberger und Maybrit Illner statt. Sie beginnt in Gesprächen in der Familie, mit Freunden, auf der Arbeit. Aber auch in Stadt- und Gemeinderäten, in den Landesparlamenten und im Bundestag. Dabei lebt die Demokratie von unterschiedlichen Meinungen und Positionen und dass sie ausgetauscht werden können.
Demokraten brauchen aber auch Rückgrat, um in der Durchsetzung dieses gemeinsamen Ziels nicht ihre eigenen Regeln und Werte zu verletzen. Meinungsfreiheit ist für mich nicht nur die Freiheit, seine Meinung zu äußern, sondern sie bedingt auch, die Meinung des anderen anzuhören und auf sie zu erwidern. Dabei gibt es keine feste Definition von Meinungsfreit. Derjenige, der seine Meinungsfreiheit in einem totalitären Regime erst für sich erstritten hat, mag sie anders verstehen, als derjenige, dem sie in die Wiege gelegt wurde. Wir müssen wieder lernen, uns in der Unterschiedlichkeit zu akzeptieren.
Hier sehe ich, gerade in den letzten Wochen eine Gefahr für die Demokratie. Wir suchen nicht mehr nach den Gemeinsamkeiten, um für unser Land, unsere Stadt oder unsere Gemeinde die beste Lösung zu finden. Wir definieren vielmehr, mit wem wir sie nicht suchen. Wird die von der Mehrheit gesetzte Linie überschritten, wird dies mit Bedrohungen für Politiker und ihre Familie und mit Farbbeuteln gegen Häuser quittiert.
Wenn wir ein Viertel der Wähler dauerhaft vom politischen Diskurs ausgrenzen und mit denen, die heute auf dem Altmarkt demonstrieren gleichsetzen, geben wir vor die Demokratie zu schützen. Tatsächlich fügen wir ihr Schaden zu.
Es ist für mich auch ein Teil unserer freien Gesellschaft dies heute und hier sagen zu dürfen und sagen zu können. Ich wünsche der Veranstaltung noch einen friedlichen Verlauf.
Hintergrund: Aus Protest gegen den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke und die islam- und ausländerfeindliche Pegida-Bewegung, die zu ihrer 200. Kundgebung aufgerufen hatte, haben sich am Montag, den 17.02.2020 mehrere Tausend Menschen auf dem Neumarkt, direkt vor der Frauenkirche in Dresden versammelt. Neben Bündnissen wie „Dresden Nazifrei“ hatten auch die Kreisverbände der CDU und der FDP gemeinsam mit der Sächsischen Bibliotheksgesellschaft und drei Religionsgemeinschaften zur Gegendemonstration „Demokratie braucht Rückgrat“ aufgerufen. Unter den Unterstützern waren Ministerpräsident Michael Kretschmer und Roland Kaiser. Der sächsische FDP-Chef Frank Müller-Rosentritt war ebenfalls mitten im Geschehen. „Es ist mir wichtig, gemeinsam mit anderen Demokraten Haltung für Weltoffenheit und Toleranz zu zeigen“, begründete Müller-Rosentritt seine Demo-Teilnahme. Für die FDP Dresden sprachen Viola Martin-Mönnich (Stadtbezirksbeirätin) und Carsten Biesok (stellv. Kreisvorsitzender).